Altbauentfeuchtung
BAU-Forum: Außenwände und Fassaden

Altbauentfeuchtung

Hallo,
wir überlegen eine ca. 100 Jahre alte Villa zu kaufen. Sie wurde vor 8 Jahren innen fachgerecht renoviert. Nach Aussage des Besitzers waren die Ziegelmauern zu Beginn der Arbeiten feucht. Es wurden elektro-physikalische Trockenlegungsgeräte im Erdgeschoss installiert und die Feuchtigkeit halbjährlich gemessen. Der Außenputz wurde nur überstrichen. Heute sieht man kleine Abplatzungen an den Außenwänden, Moosbildung und Ausblühungen im Keller. Wie können wir im Gespräch mit dem Trockenleger feststellen ob die Maßnahmen tatsächlich erfolgreich waren? Wie muss die Feuchte korrekt gemessen werden und welche Werte sind akzeptabel.
  • Name:
  • Oliver Klauser
  1. In Gesprächen kann man gar nichts feststellen!

    Folgende Untersuchungen müssen gemacht werden:
    Rel. Luftfeuchte, Temperatur messen.
    Mehrere Bohrkerne sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe entnehmen.
    Daraus Wassergehalt, max. Wasseraufnahme und Durchfeuchtungsgrad bestimmen.
  2. Durchfeuchtungsgrad

    Danke für die schnelle Antwort.
    Welcher Durchfeuchtungsgrad im Mauerwerk ist denn normal oder akzeptabel?
    Oliver Klauser
  3. bei altem Mauerwerk

    gibt's da keine Tabellenwerte, die Werte aus den Bohrkernen werden mit den Werten verglichen, die die alten Ziegel bei Lagerung bei entsprechenden Luftfeuchten als Ausgleichswert annehmen. Dabei kommt es entscheidend auf den Salzgehalt der Ziegel an (hoher Salzgehalt, hohe Feuchte z.B. bei 80 % rel. Feuchte).
  4. Was ist feucht oder trocken?

    Foto von Edmund Bromm

    Feuchte Wände und messen der "aufsteigenden Feuchtigkeit"
    Für viele Hausbesitzer sind feuchte Wände ein Problem.
    Ob in den Anzeigen der Tagespresse, Zeitschriften für den Hausbesitzer, Journale von Bausparern und Versicherungen, auf den Messen und in Prospekten von Verarbeitungsfirmen und Bautenschutzfirmen wird damit geworben die Mauern trocken zu legen. Um die Seriosität bei der Trockenlegung zu untermauern wird die kostenlose Feuchtenmessung vorgeschoben. Es wird auch demonstriert wie einfach eine Messung durchzuführen ist.
    Kostenlose Feuchtigkeitsmessung wird allenthalben angepriesen.
    Die Messungen  -  sehr oft noch mit dem Titel elektronisch oder elektrisch  -  sind jedoch für die Beurteilung von aufsteigender Feuchte weitestgehend ungeeignet.
    Meist wird die Anzeige mit einem spektakulären Zeigerausschlag auf einer Skala oder gar mit einer leuchtenden Ziffern (Digital-) anzeige dargestellt.
    Dies ist meistens Scharlatanerie, denn all diese Messungen können nicht Unterscheiden, um welche Feuchte es sich handelt.
    Die Anzeige gibt in der Regel unten  -  in Bodennähe  -  höhere Werte als weiter oben. Damit wird suggeriert, dass es sich um aufsteigende Feuchtigkeit handelt. Normalerweise ist es nur deswegen mehr, weil es unten kühler ist und daher mehr Tauwasser entsteht.
    "Feuchte" entsteht durch die verschiedenen Möglichkeiten der Wasseraufnahme eines Materials. Dementsprechend können bei feuchten Wänden die verschiedensten Mechanismen der Wasseraufnahme im Spiel sein :
    1. Wasseraufnahme aus der Luft d.h. aus der Gasphase,
    • Hygroskopische Feuchte (unterhalb der Kondensation) ,

    der Wassergehalt der Luft  -  "relative Luftfeuchte"- und Salzgehalt des Mauerwerks spielen hier die entscheidende Rolle,

    • Kapillarkondensation (Auffüllen kleinster Poren mit Wasser, ebenfalls unterhalb der Kondensation)
    • Kondensation (Abscheiden flüssigen Wassers durch Unterschreiten der

    "Taupunkttemperatur", da kalte Luft weniger Wasserdampf speichern kann als
    warme Luft) ,
    2. Kapillarer Wassertransport (Saugvermögen der Baustoffe mit einem bestimmten
    Porengefüge) z.B. aus dem Untergrund  -  "aufsteigende Feuchte"  -  oder bei
    Beregnung, auch hierbei spielt der Salzgehalt eine wesentliche Rolle;
    3. Eindringen von Wasser wegen Fehlstellen

    • Aufgrund fehlender Abdichtung,
    • durch fehlerhafte Anstriche, Risse, offene Fugen,
    • ebenso können undichte Fenster; Fensterbankanschlüsse und defekte

    Dachrinnen usw. zu feuchten Wänden führen.
    Vorab ist jedoch zu klären, was ist überhaupt "feucht" oder "trocken"
    Hierzu gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Eine eindeutige pauschale Aussage ist leider nicht so einfach abzugeben.
    Dabei sollte man auch wissen, welche Wasseraufnahme von Baustoffen unter welchen Bedingungen zu erwarten ist.
    Ein weiterer Aspekt für die Definition der möglichen Feuchtewerte ist das Verhältnis der momentanen-X1234Xzur maximalen Feuchteaufnahme.
    Außerdem, welche Ausgleichsfeuchte (das ist der Wassergehalt oder die Feuchte, die sich einstellt, wenn sich ein Baustoff hinreichend lange, bis zum Gleichgewichtszustand, an die Umgebungsbedingungen angepasst hat) der Baustoff aufweist usw.
    Diese Angaben können jedoch sehr unterschiedlich sein!
    Sehr oft bekommen die Hausbesitzer Werte angegeben, die bei 50 bis 80 % liegen. Normale Vollziegel weisen jedoch in der Regel einen Feuchtegehalt von weniger als 20 % auf.
    Tabelle: Feuchtigkeitstechnische Kenndaten "Richtwerte" Vergleichswert Luft = 1
    Baustoff Mittleres Raumgewicht in kg/m³ Praktischer Feuchte-Gehalt*) in Vol. -% Max. Feuchtegehalt in Masse-% **)
    Hochlochziegelmauerwerk 1000 1,5  -  4 2,5  -  5
    Vollziegelmauerwerk 1700 1  -  2,5 1  -  3
    Außenputz (KZM) 1800 4  -  14 4,4
    Innenputz (KZM) 1800 1  -  10 4
    Wärmedämmputz £ 450 2,0 ... 5,0? 8
    Gips- oder Gips-Kalk-Putz 1600 3 6

    • ) "Praktischer Feuchtegehalt" ist der Wassergehalt, der bei der Untersuchung genügend ausgetrockneter Bauten in 90 % der Fälle nicht überschritten wird.
    • *) alle Kapillaren und Poren mit Wasser gefüllt.

    Messungen sind deshalb vor jeder Instandsetzung sehr wichtig!
    Wenn die Bestimmung der Feuchte eines Baustoffes über elektrische Widerstands-Messungen durchgeführt werden soll, ist dies nur möglich, wenn die Beziehung Widerstand/Feuchte eines Baustoffes z.B. eines Estrichs, eindeutig bekannt ist. Anhand von Vergleichsmessungen kann dann über die einfache elektrische Widerstandsmessung annähernd der Feuchtegehalt bestimmt werden.
    Ohne jedoch die vor genannten Parameter zu kennen, ist eine verlässliche Aussage nicht möglich.
    Damit ist klar, warum die meisten dieser Messungen falsch sein müssen bzw. bei der Beurteilung äußerste Vorsicht angebracht ist.
    Ein weiterer Parameter, der eine Aussage über die Materialfeuchte geben kann, ist die Wärmeleitfähigkeit (Lambda-Methode).
    Tabelle: Veränderung der Wärmeleitfähigkeit von Ziegelmauerwerk in Abhängigkeit vom Feuchtegehalt.
    Original auf meiner Homepage unter Schriften Nr. 3
    Es gibt sicher noch weitere Messmöglichkeiten den Feuchtegehalt einer Wand zu untersuchen.
    Dazu gehören z.B. die CM-Messung (Calcium-Carbid-Methode), die Thermographie, die Neutronenmessung usw.
    Um an der Baustelle eine einigermaßen brauchbare Messung der Feuchte durchzuführen, kommt eigentlich nur die CM-Messung in Frage. Dabei wird eine Mauerprobe (10  -  20 g entnommen) zerkleinert und in eine Druckflasche mit Calciumcarbit gegeben. Das in der Probe enthaltene Wasser und das Calciumcarbit reagieren zu Acetylengas. Dies erzeugt einen Überdruck und wird von einem Druckmesser angezeigt. Durch entsprechende Zuordnung in einer Tabelle wird der Feuchtegehalt ermittelt.
    All diesen Messungen ist eines gemeinsam: es kann jeweils nur der momentane Feuchtewert festgestellt werden. Es kann keinerlei Aussage darüber abgegeben werden, ob es sich z.B. um aufsteigende Feuchtigkeit oder Kondenswasser handelt.
    Um exaktere Angaben und Daten zu erhalten, sind Messungen über einen längeren Zeitraum durchzuführen. Dabei spielen die Wetter- oder Klimadaten (Wetterdaten, Klimadaten), Temperatur und deren Vergleich bzw. Referenzmessungen eine wichtige Rolle.
    Nur wenn solche Aussagen von Fachleuten bewertet werden und die Instandsetzung daran ausgerichtet wird, kann eine Wiederherstellung zum Erfolg führen.
    Edmund Bromm
    Literaturhinweise:
    Weber, H. : Mauerfeuchtigkeit, Expert  -  Verlag Grafenau
    Weichert, L. : Aufgaben und Möglichkeiten zur Messung von Klimagrößen f.d. Fassadensanierung; Tagungsbericht. 6. Hanseatische Sanierungstage 1995.

  5. Jetzt hätte ich fast mein Lieblingsthema ausgelassen! Elektro-Osmose?

    Foto von Edmund Bromm

    Mauertrockenlegung, mittels Elektroosmose oder andere elektrophysikalische Methoden.
    In der letzten Zeit taucht wieder öfter eine sehr "umweltfreundliche und schonende" Sanierungsmethode auf.
    Dabei handelt es sich um eine Verfahrensvariante, die immer wieder in mehr oder weniger modifizierter Weise auftaucht, nämlich um die "Trockenlegungsart" mittels "Elektro-Osmose" oder anderer elektrophysikalischer Methoden. Dabei soll mittels elektrischer Energie das Wasser in das Erdreich zurückgedrängt werden.
    Es sind viele Parameter entschlüsselt, die "Saugfähigkeit" der meisten Baustoffe ist gut erforscht. Diese ergibt sich aus den Parametern:
    • Anzahl und Lage der Kapillaren
    • Durchmesser, eingeteilt nach Größe und Häufigkeit
    • Oberflächenbenetzung der Kapillaren

    Durch Versuche an den Hochschulen in Delft, (NL) sowie an der E.T.H. in Lausanne und Zürich (CH) wurde genau ermittelt, in welcher Zeit, wieviel Liter Wasser "aufgesaugt" werden, und außerdem, wie hoch dann diese Feuchtigkeit "aufsteigen" kann.
    Wird nun diese Saugfähigkeit ermittelt, ergibt sich aus den vorgenannten Fakten rein rechnerisch eine Saugleistung von plus/minus 60 Volt. Jetzt kann man sich im Einzelfall darüber streiten, ob nun 30 oder besser 90 Volt richtig sind. Jedoch auch einem Laien wird klar, dass eine größere Kraft aufgewendet werden muss, als die der Saugfähigkeit.
    Eine andere Untersuchung der Universität in Wien kommt zum Ergebnis, dass die Leistung des Saugens ca. fünfzehn Meter beträgt und bei anlegen einer Spannung von zweihundert Volt pro Meter  -  nur eine Beeinflussung von zehn Zentimetern möglich ist.
    Es ist somit absoluter Nonsens, mit irgendeinem elektrophysikalischen Verfahren, dessen Leistung z.B. 5-10 Volt geringer ist als die der Saugfähigkeit, einen signifikanten Effekt erreichen zu wollen.
    So gibt es noch andere bekannte Größen, die eine Funktion verhindern z.B. das Zeta-Potential. Es ist der Effekt, der dadurch entsteht, dass eine Ladungstrennung an den Kapillaroberflächen stattfindet, sobald Flüssigkeit in einer Kapillare transportiert wird. Dabei sind die Effekte des Saugens bei Ziegel und Kalkmörtel unterschiedlich zu bewerten, weil diese in einem umgekehrten Verhältnis zueinander stehen.
    Eine weitere Problematik ergibt sich aus dem bekannten Effekt, dass Wasser bei Anlegen von Spannungen von über 1,3 Volt zersetzt wird. Dabei kommt es zu einer Aufspaltung: an der Anode entsteht nasszierender Sauerstoff (sehr aggressiv), deswegen kommt es auch sofort zu einer Korrosion der Elektroden und an der Kathode wird Wasserstoff (ab 4 % = Knallgas) erzeugt.
    Nun gibt es einige Sicherheitsbestimmungen, die auch am Bau einzuhalten sind, weil bei der Zersetzung von Wasser auch Wasserstoff entsteht. Dieses Gas ist leichter als Luft. Es müsste dafür gesorgt werden, dass diese Räume ausreichend be  -  und entlüftet werden. Diese Anlagen unterliegen auch den Bestimmungen der VDE-Vorschriften.
    All das sind klassische, physikalische Werte. Die Ergebnisse sind verbindlich und nachvollziehbar. Von anerkannten Fachleuten durchgeführte Kontrolltests bestätigen diese Ergebnisse eindeutig.
    In nahezu betrügerischer Weise wird von einigen Herstellern versprochen, mit sogenannten Erdstrahlablenkgeräten zum Teil primitivster Bauart eine Trockenlegung zu erwirken.
    Um es kurz zu machen: In der Praxis funktioniert dies alles nicht. Um so erstaunlicher ist es, wieviel "Fachleute" auf diesen Hokuspokus immer wieder hereinfallen.
    Das Vorgenannte ist nur deshalb etwas ausführlicher beschrieben, damit auch der auf dem Gebiet der Elektrophysik weniger Versierte versteht, dass nicht jeder, der sich als Spezialist ausgibt, auch wirklich sein Handwerk versteht.
    All dies interessiert die Vertreiber solcher Anlagen offenbar nicht. Sie verweisen stets auf bisher so erfolgversprechende praktische Ergebnisse. Jedoch keine Patentanmeldung, auch keine goldene Erfindermedaille von der Messegesellschaft "X" und erst recht kein Referenzschreiben des Herrn Pfarrer "Y" aus "Z" kann diese Fakten aus der Welt schaffen. ebenso wenig hilft eine schöne Urkunde mit einer sehr langen Gewährleistungszeit.
    Viele Firmen sind sich ihrer unlauteren Machenschaften sehr wohl bewusst und profitieren nur von der mangelnden Sachkenntnis der meisten Hausbesitzer.

  6. ElektroOsmose stellt Physik auf den Kopf?

    Obskur sind für mich (neben dem Verfahren selbst) Äußerungen zu Verfahren, bei denen die Leistung mal in Volt oder mal in Meter angegeben wird. *grübel* (rein spekulativ könnte ich mir da vielleicht ein Leistungsäquivalent (= Blödsinn wie bei radioakt. Strahlung?) vorstellen.
  7. Stellt die Elektroosmose die Physik auf den Kopf?

    Foto von Edmund Bromm

    Wer will denn aufklären?
    Wen soll man schützen?
    Hier im Forum steht genug von dem Schmarrn!
    Und trotzdem ... auch auf der Messe in München wieder genug Anbieter.
    Ein Geschäft ist dies allemal.
  8. Geld regiert die Welt ...

    So wie auf "unserer" Messe Dach und Wand nun auch die Dachbeschichter auftauchen.
    Wir sind auf der falschen Seite. Geld verdient man nur durch ausnutzen der Dummheit. Die Wahrheit will keiner hören und die Ehrlichen sind die Dummen.
  9. Jo Herr Beisse

    Wie eine Kollegin von mir immer sagt: "An jedem Morgen steht ein Dummer auf, man muss ihn nur treffen! " (und ihm was verticken)

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