Vertragserfüllungsbürgschaft wirklich notwendig?
BAU-Forum: Neubau

Vertragserfüllungsbürgschaft wirklich notwendig?

mir wurde empfohlen auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu bestehen, nun wurde uns vom bauleitenden Architekten, der für uns die Angebote der Firmen eingeholt hat gesagt, dass der Generalunternehmer kaum noch in der Lage sein wird neben der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Gesamtabrechnungssumme, der vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von 3 % täglich bei Nichteinhaltung des Fertigstellungstermins auch noch eine Vertagserfüllungsbürgschaft zu erbringen, da es sich um eine kleinere Firma handelt und der Pauschalpreis schon unterste Grenze seit, außerdem wäre es auch nicht nötig, da Zahlungen immer nur nach mangelfreiem Bauabschnitt erfolge und für den Fall, dass Generalunternehmer pleite ginge oder gekündigt werden müsse, würden sofort für jede Bauphase weitere Firmen bereit stehen, die die Arbeiten zum selben bzw. sogar dann noch günstigeren Preis fertigstellen würden.
Ist das Absicherung genug für uns?
  • Name:
  • Gamradt
  1. Erfahrungsgemäß

    tritt bei Insolvenz eines Unternehmers genau das Gegenteil von dem ein, was Ihr Architekt ankündigt. Sie befinden sich dann in einer Zwangslage, denn es muss auf jeden Fall weitergebaut werden. Die dann "einspringenden" Firmen haben ein höheres Risiko, denn Sie müssen auf Leistungen aufbauen, die sie nicht selbst erbracht haben. Dieses führt i.d.R. zu höheren und nicht zu niedrigeren Kosten. Wenn Ihr Architekt sagt, dass die jetzigen Preise schon "an der untersten Grenze" sind, wieso sollte es dann im Ernstfall noch billiger werden? Eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Bausumme deckt das Preisrisiko ab, welches m.E. zweifelsfrei besteht. Und die Bürgschaftsgebühr ist nicht so hoch, als dass sie Ihrem Unternehmer den Hals bricht.
    • Name:
    • M.P.
  2. Nachtrag

    Die 3 %ige Vertragsstrafe je Tag für Terminüberschreitung können Sie im Ernstfall wohl kaum einklagen, da m.E. absolut sittenwidrig. Bei 1 Monat Terminüberschreitung baut der Unternehmer das Haus umsonst?
    • Name:
    • M.P.
  3. 2. Nachtrag

    Kann es sein, dass Sie sich bei der Vertragsstrafe verlesen haben? Statt 3 % sind es 0,3 %?
    Dann als Ergänzung:
    Die Vertragsstrafe sieht in der Regel vor, dass pro Werktag ein pauschaler Schadensersatz von bis zu 0,3 % der Auftragssumme an den Bauherrn zu entrichten ist. Dieser Betrag ist aber insgesamt auf 10 % der Auftragssumme beschränkt. Hält die Verzögerung weiter an, obwohl die Grenze von umgerechnet 10 % bereits erreicht worden ist, muss der Bauherr seinen tatsächlichen Schaden nachweisen, wenn er diesen ersetzt haben will.
    ARD Ratgeber Recht
    • Name:
    • M.P.
  4. Vertragsstrafe und Bürgschaft

    Was hat denn die Vertragsstrafe mit der Vertragserfüllungsbürgschaft zu tun? Erfüllt der Generalunternehmer seinen Vertrag nicht, beispielsweise bei Eintritt der Insolvenz, nützt Ihnen nur eine Vertragserfüllungsbürgschaft etwas. Im Gegenzug kann der Unternehmer, zur Absicherung seines Risikos, von Ihnen eine Zahlungsbürgschaft fordern.
    Im übrigen ist die Stellungnahme Ihres Architekten schon reichlich merkwürdig. Erstens ist er Ihr Vertragspartner und zweitens erhöht er sein eigenes Haftungsrisiko. Fällt der Generalunternehmer aus, oder leistet schlecht oder mangelhaft, haftet er möglicherweise. Fragen Sie ihn nach der Höhe der eigenen Haftpflichtversicherung.
  5. Übrigens:

    Sie schreiben "neben der vertraglich vereinbarten ... " kann man daraus schließen, dass die Verträge bereits unterzeichnet sind? Wenn ja, muss der Unternehmer keine Vertragserfüllungsbürgschaft mehr stellen, denn diese ist ja nicht vertraglich vereinbart.
    • Name:
    • M.P.
  6. In der Regel

    wird nach meinen Erfahrungen die Vertragserfüllungsbürgschaft (5 %) nach der Abnahme gegen die Gewährleistungsbürgschaft getauscht, sodass für den Unternehmer immer nur eine Bürgschaft läuft. Ich habe auch schon den Fall gehabt, dass beide Bürgschaften in einem Formulöar zusammengefasst waren, sodass ein Tausch nicht mehr notwendig war (Ausnahme: Auftragssumme und Abrechnungssumme weichen erheblich von einander ab). Mir ist außerdem eine Variante bekannt, nach der der 10 % ige Einbehalt bei Abschlagszahlungen (VOBAbk.) durch Bürgschaft abgesichert war, und deshalb Abschlagszahlungen voll ausgezahlt werden konnten.
    Schöne Grüße aus Bochum
  7. 10 % Einbehalt nach VOB gibt es nicht

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Ihr letzter Beitrag Herr Krause erweckt den Eindruck, als ob die VOBAbk. dem AG automatisch 10 % Einbehalt von Abschlagsrechnungen ermöglicht. Tatsächlich heißt es aber in § 16:
    "Abschlagszahlungen sind ... in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen ... zu gewähren".
    Also volle Auszahlung. Alles andere muss extra vereinbart werden.
    Den privaten Häuslebauer sehe ich bei 4 Monaten Bauzeit, dem o.g. Abschlagszahlungsmodus nach VOB und zusätzlicher Vertragserfüllungsbürgschaft als übersichert. Allein durch das 3-wöchige Zahlungsziel ist der Unternehmer immer um 15-20 % der Auftragssumme in Vorleistung.
    Erhöhtes Sicherungsbedürfnis entsteht erst dann, wenn der Bauherr das Objekt nicht ausreichend überwacht oder überwachen lässt. Dann kann er nicht beurteilen, ob die Leistung "nachgewiesen" und "vertragsgemäß" ist. Fair finde ich es nicht, den Unternehmer für diese Bauherrenversäumnisse zusätzlich zu belasten.
  8. Herr Stubenrauch,

    wo Sie in meinem Beitrag einen Automatismus für den 10 %igen Einbehalt VOBAbk. erkennen ist mir schleierhaft. Sie haben aber natürlich recht, dass dieser Einbehalt ausdrücklich vertraglich vereinbart werden muss. Aus meiner Praxis mit privaten Bauherren und VOB Verträgen kann ich jedoch behaupten, dass mindestens 99 % aller VOB Verträge (die mir untergekommen sind) den 10 % igen Einbehalt beinhalten. Diese Praxis hat sich bewährt und hat bisher zu keinerlei Problemen geführt.
    Hinweis: Falls eine 5 % ige Vertragserfüllungsbürgschaft vorliegt, kann sie je nach Ausstellung auf diesen Einbehalt angerechnet werden.
    Schöne Grüße aus Bochum
  9. ganz einfach

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    "der 10 % ige Einbehalt bei Abschlagszahlungen (VOBAbk.) " hat das suggeriert (das Wörtchen "der"). "Ein beispielsweise 10 % iger Einbehalt bei Abschlagszahlungen" hätte anders geklungen. Natürlich führt der 10 %ige Einbehalt beim Bauherrn und seinem Treuhänder nicht zu Problemen, sondern zu Liquidität auf Kosten der Firmen. Und die Firmen müssen in der heutigen Zeit gute Miene zum bösen Spiel machen. Andererseits wird dann versucht, durch Anheben der der Einheitspreise für Leistungen, die zu Beginn ausgeführt werden (Baustelleneinrichtung, Erdarbeiten, Fundamente), die unberechtigte Kürzung teilweise zu kompensieren. Unfair wird mit unfair gekontert, das müsste nicht sein.
  10. Vertragserfüllungsbürgschaft sehr empfehlenswert

    Die Vertragserfüllungsbürgschaft kann sehr wohl auch etwas mit der Vertragsstrafe zu tun haben. Hierzu sollte sie sich auf sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag erstrecken.
    Verträge der öffentlichen Hand (EFB Formulare) formulieren dies so. Wir haben in unserem Falle erfolgreich diese Bürgschaft verwendet, um uns vom Bürgen die verwirkte Vertragsstrafe in Höhe von 10 %, welche der insolvente Unternehmer nicht mehr zahlen konnte, zu hohlen. Mit einem Sicherheitseinbehalt geht das so kaum, man hat maximal den anteiligen Betrag zurückgehalten. Das Problem bei derartigen Einbehalten ist auch die richtige Bemessung der Abschnitte im Zahlungsplan. Die Firmen schlagen i.d.R. sehr hohe Abschlagswerte für die 1. Raten (Bodenplatte 25 % usw.) vor. Da hat man dann bei einer Insolvenz große Probleme. Für die Firmen ist es dann egal, ob da noch mal 5 % abgezogen werden. Viele Firmen nutzen die Unwissenheit des privaten Häuslebauer aus und drücken diesem Vertragsbedingungen auf, welche sie anderweitig nie erzielen.

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