Wieviel %-Feuchte ist normal?
BAU-Forum: Keller

Wieviel %-Feuchte ist normal?

Hallo Zusammen,
wegen einer Feuchtigkeit an einer außenliegenden Treppe hatte ich heute eine Firma im Haus, die sich auf Abdichtungen spezialisiert hat.
Er bat mich, auch noch kurz den Keller zu sehen und hat Messungen an Wänden und Boden durchgeführt. Im oberen Bereich lagen diese bei ca. 50  -  60 %, an der Wand im Bodenbereich bei 100  -  120 %. Dto. auf den Fugen des verfliesten Kellers.
Als Sanierung schlug er (wegen angeblich defekter Kehlsockels) eine Abdichtung von innen mit Injektionsverfahren (in Betonboden?) vor.
Es handelt sich um ein 1959er Haus, dass im Jahr 1987 bereits einmal ausgegraben wurde, mit Dichtputz versehen wurde, darauf Bitumenanstrich und darauf Folie. Zusätzlich Drainage mit Kiesschüttung (wie ich aus einer Fotodokumentation entnehmen konnte).
An Wänden habe ich weder Farbe, die abblättert noch einen muffigen Geruch. Soll ich die Sanierung tatsächlich (hohe Kosten!) durchführen lassen und welche Gefahren habe ich, dies nicht zu tun?
Vielen Dank im Voraus
Gruß
  • Name:
  • Michael
  1. Bei sowas immer Sachverständigen, der nichts verkaufen will, einschalten (oT)

    oT
  2. diese Messungen sind nicht viel Wert

    abgesehen davon, dass es durchaus die Frage ist, ob die Kellerwand überhaupt mehr als die Ausgleichsfeuchte (die sie immer haben wird), hat. 120 % Feuchte sind ja ein Witz in sich, wie soll denn das gehen?
    Diese Messinstrumente messen  -  je nachdem  -  eine elektrische Eigenschaft der Wand, die u.a. von der Feuchte und von vielen anderen Bedingungen abhängt, die Messwerte sind keine %-Werte, sondern einfache Vergleichswerte.
    Es kann durchaus sein, dass einfach Luftfeuchtigkeit an den Wänden kondensiert und Sie gar keine Abdichtungsmaßnahmen benötigen, lesen Sie mal bei Herrn Bromm nach.
    Wenn wirklich was sein sollte (oder Sie sicher gehen wollen) s.o.
    Diese Form von Auftragsbeschaffung ist eine Unverschämtheit.
  3. danke

    vielen Dank für die schnelle Hilfe! Ich habe auch gleich bei Hr. Bromm nachgesehen.
    Gruß
    • Name:
    • Michael
  4. Messen der aufsteigenden Feuchte

    Foto von Edmund Bromm

    Für viele Hausbesitzer sind feuchte Wände ein Problem.
    Ob in den Anzeigen der Tagespresse, Zeitschriften für den Hausbesitzer, Journale von Bausparern und Versicherungen, auf den Messen und in Prospekten von Verarbeitungsfirmen und Bautenschutzfirmen wird damit geworben die Mauern trocken zu legen. Um die Seriosität bei der Trockenlegung zu untermauern wird die kostenlose Feuchtenmessung vorgeschoben. Es wird auch demonstriert wie einfach eine Messung durchzuführen ist.
    Kostenlose Feuchtigkeitsmessung wird allenthalben angepriesen.
    Die Messungen  -  sehr oft noch mit dem Titel elektronisch oder elektrisch  -  sind jedoch für die Beurteilung von aufsteigender Feuchte weitestgehend ungeeignet.
    Meist wird die Anzeige mit einem spektakulären Zeigerausschlag auf einer Skala oder gar mit einer leuchtenden Ziffern (Digital-) anzeige dargestellt.
    Dies ist meistens Scharlatanerie, denn all diese Messungen können nicht Unterscheiden, um welche Feuchte es sich handelt.
    Die Anzeige gibt in der Regel unten  -  in Bodennähe  -  höhere Werte als weiter oben. Damit wird suggeriert, dass es sich um aufsteigende Feuchtigkeit handelt. Normalerweise ist es nur deswegen mehr, weil es unten kühler ist und daher mehr Tauwasser entsteht.
    "Feuchte" entsteht durch die verschiedenen Möglichkeiten der Wasseraufnahme eines Materials. Dementsprechend können bei feuchten Wänden die verschiedensten Mechanismen der Wasseraufnahme im Spiel sein:
    1. Wasseraufnahme aus der Luft d.h. aus der Gasphase,
    • Hygroskopische Feuchte (unterhalb der Kondensation) ,

    der Wassergehalt der Luft  -  "relative Luftfeuchte"- und Salzgehalt des Mauerwerks spielen hier die entscheidende Rolle,

    • Kapillarkondensation (Auffüllen kleinster Poren mit Wasser, ebenfalls unterhalb der Kondensation)
    • Kondensation (Abscheiden flüssigen Wassers durch Unterschreiten der

    "Taupunkttemperatur", da kalte Luft weniger Wasserdampf speichern kann als
    warme Luft) ,
    2. Kapillarer Wassertransport (Saugvermögen der Baustoffe mit einem bestimmten
    Porengefüge) z.B. aus dem Untergrund -"aufsteigende Feuchte"- oder bei
    Beregnung, auch hierbei spielt der Salzgehalt eine wesentliche Rolle;
    3. Eindringen von Wasser wegen Fehlstellen

    • Aufgrund fehlender Abdichtung,
    • durch fehlerhafte Anstriche, Risse, offene Fugen,
    • ebenso können undichte Fenster; Fensterbankanschlüsse und defekte

    Dachrinnen usw. zu feuchten Wänden führen.
    Vorab ist jedoch zu klären, was ist überhaupt "feucht" oder "trocken"
    Hierzu gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Eine eindeutige pauschale Aussage ist leider nicht so einfach abzugeben.
    Dabei sollte man auch wissen, welche Wasseraufnahme von Baustoffen unter welchen Bedingungen zu erwarten ist.
    Ein weiterer Aspekt für die Definition der möglichen Feuchtewerte ist das Verhältnis der momenta-nen- zur maximalen Feuchteaufnahme.
    Außerdem, welche Ausgleichsfeuchte (das ist der Wassergehalt oder die Feuchte, die sich einstellt, wenn sich ein Baustoff hinreichend lange, bis zum Gleichgewichtszustand, an die Umgebungsbedingungen angepasst hat) der Baustoff aufweist usw.
    Diese Angaben können jedoch sehr unterschiedlich sein!
    Sehr oft bekommen die Hausbesitzer Werte angegeben, die bei 50 bis 80 % liegen. Normale Vollziegel weisen jedoch in der Regel einen Feuchtegehalt von weniger als 20 % auf.
    Tabelle: Feuchtigkeitstechnische Kenndaten (auf meiner Homepage unter Schriften Nr. 3
    "Richtwerte" Vergleichswert Luft = 1
    Baustoff Mittleres Raumgewicht in kg/m³ Praktischer Feuchte-Gehalt*) in Vol. -% Max. Feuchtegehalt in Masse-% **)
    Hochlochziegelmauerwerk 1000 1,5  -  4 2,5  -  5
    Vollziegelmauerwerk 1700 1  -  2,5 1  -  3
    Außenputz (KZM) 1800 4  -  14 4,4
    Innenputz (KZM) 1800 1  -  10 4
    Wärmedämmputz £ 450 2,0 ... 5,0? 8
    Gips- oder Gips-Kalk-Putz 1600 3 6

    • ) "Praktischer Feuchtegehalt" ist der Wassergehalt, der bei der Untersuchung genügend ausgetrockneter Bauten in 90 % der Fälle nicht überschritten wird.
    • *) alle Kapillaren und Poren mit Wasser gefüllt.

    Messungen sind deshalb vor jeder Instandsetzung sehr wichtig!
    Wenn die Bestimmung der Feuchte eines Baustoffes über elektrische Widerstands-Messungen durchgeführt werden soll, ist dies nur möglich, wenn die Beziehung Widerstand/Feuchte eines Baustoffes z.B. eines Estrichs, eindeutig bekannt ist. Anhand von Vergleichsmessungen kann dann über die einfache elektrische Widerstandsmessung annähernd der Feuchtegehalt bestimmt werden.
    Ohne jedoch die vor genannten Parameter zu kennen, ist eine verlässliche Aussage nicht möglich.
    Damit ist klar, warum die meisten dieser Messungen falsch sein müssen bzw. bei der Beurteilung äußerste Vorsicht angebracht ist.
    Ein weiterer Parameter, der eine Aussage über die Materialfeuchte geben kann, ist die Wärmeleitfähigkeit (Lambda-Methode).
    Tabelle: Veränderung der Wärmeleitfähigkeit von Ziegelmauerwerk in Abhängigkeit vom Feuchtegehalt.
    Es gibt sicher noch weitere Messmöglichkeiten den Feuchtegehalt einer Wand zu untersuchen.
    Dazu gehören z.B. die CM-Messung (Calcium-Carbid-Methode), die Thermographie, die Neutronen-Messung usw.
    Um an der Baustelle eine einigermaßen brauchbare Messung der Feuchte durchzuführen, kommt eigentlich nur die CM-Messung in Frage. Dabei wird eine Mauerprobe (10  -  20 g entnommen) zerkleinert und in eine Druckflasche mit Calciumcarbit gegeben. Das in der Probe enthaltene Wasser und das Calciumcarbit reagieren zu Acetylengas. Dies erzeugt einen Überdruck und wird von einem Druckmesser angezeigt. Durch entsprechende Zuordnung in einer Tabelle wird der Feuchtegehalt ermittelt.
    All diesen Messungen ist eines gemeinsam: es kann jeweils nur der momentane Feuchtewert festgestellt werden. Es kann keinerlei Aussage darüber abgegeben werden, ob es sich z.B. um aufsteigende Feuchtigkeit oder Kondenswasser handelt.
    Um exaktere Angaben und Daten zu erhalten, sind Messungen über einen längeren Zeitraum durchzuführen. Dabei spielen die Wetter- oder Klimadaten (Wetterdaten, Klimadaten), Temperatur und deren Vergleich bzw. Referenz-Messungen eine wichtige Rolle.
    Nur wenn solche Aussagen von Fachleuten bewertet werden und die Instandsetzung daran ausgerichtet wird, kann eine Wiederherstellung zum Erfolg führen.
    Edmund Bromm
    Literaturhinweise:
    Weber, H. : Mauerfeuchtigkeit, Expert  -  Verlag Grafenau
    Weichert, L. : Aufgaben und Möglichkeiten zur Messung von Klimagrößen f.d. Fassadensanierung; Tagungsbericht. 6. Hanseatische Sanierungstage 1995.


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